Nepalhilfe Beilngries e.V.

32 Jahre Nepalhilfe Beilngries e.V.
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Mir geht es großartig

Das Team der Rehabilitationsklinik in der Rajan Suwal (stehend zweiter von links) arbeitet.
Das Team der Rehabilitationsklinik in der Rajan Suwal (stehend zweiter von links) arbeitet.
Eine ganzheitliche Behandlung – Vom Kopf ...
Eine ganzheitliche Behandlung – Vom Kopf ...
... bis zum Fuß – für Rajan kein Problem
... bis zum Fuß – für Rajan kein Problem

Seit vielen Jahren ist die Ravensburgerin Anne Oschwald eine Liebhaberin Nepals und wurde über diese „Brücke“ auch eine Förderin unserer Nepalhilfe Beilngries. Was lag also für die freiberufliche Journalistin bei ihrem Besuch im vergangenen Dezember näher als unsere Einrichtungen und die Menschen dahinter wieder einmal zu besuchen. 

Diesmal weckte die Lebensgeschichte des 27-jährigen Rajan Suwal ihr besonderes Interesse. Das Ergebnis dieses Zusammentreffens hier in Wort und Bild.

„Mir geht es großartig“

Vermutlich sind die Räume in New Baneshwor die wärmsten in ganz Katmandu. Doch nicht nur die Temperatur schafft in diesem kalten Winter eine warme Atmosphäre, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unter ihnen ist der 27-jährige Rajan Suwal. Er behandelt gerade eine junge Frau. Leise gibt er ihr die Anweisung, die Augenbraue zu heben oder den Mundwinkel. Mit seinen zierlichen Händen unterstützt er behutsam ihre Bewegungen. Ihr linker Gesichtsmuskel hat sich über viele Jahre verhärtet. Der Grund ist nicht mehr eindeutig nachvollziehbar. Vermutlich eine schon früher verschleppte Infektion im Bereich von Nase und Ohren. Die betroffene Gesichtshälfte wirkte lange wie erstarrt. Nach etlichen Sitzungen hat sich das geändert. „Es ist deutlich besser, als zu Beginn der Behandlung“, sagt Rajan Suwal. Die junge Frau lächelt dabei. Es ist kaum mehr zu erkennen, dass das Lächeln noch etwas schief ist. 

Anderen zu helfen, bedeutet Glück

Seit einigen Monaten arbeitet Rajan Suwal als Physiotherapeut im Manual Therapy and Pain Relief Centre in New Baneshwor, einem Stadtteil von Katmandu. Geleitet wird es von einem Arzt, der die Erstgespräche mit den zu Behandelnden führt. Danach folgt die entsprechende Behandlung. Rajan Suwal ist einer der ersten ausgebildeten Physiotherapeuten in Nepal. Seine Erfolgsgeschichte war vermutlich so nicht vorgesehen. „Ich fühle mich großartig“, sagt er und sein Gesicht strahlt dabei. Vor allem wenn er in die erfreuten, entspannten Gesichter seiner Klienten schaue, gehe es auch ihm gut. Sein Beruf ist in Nepal hochgeschätzt, vergleichbar mit dem Beruf des Arztes.

Kindheit im Kinderhaus Shaligram Balgriha

Aufgewachsen ist Rajan Suwal im Kinderhaus Shaligram Balgriha in Lubhu. Sein Vater kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben als er vier Jahre alt war. Plötzlich fehlte der Familie der Haupternährer. Für die Mutter war es schwierig, ihre drei Jungen zu ernähren. Rajan Suwal kam ins Kinderhaus der Nepalhilfe Beilngries, der ältere und der jüngere Bruder wuchsen bei der Mutter auf. Heute reflektiert Rajan Suwal: „Ohne Shaligram Balgriha würde ich vielleicht auf der Straße leben. Vielleicht hätte ich einen falschen Weg eingeschlagen.“ Für ihn war das Kinderhaus genau in dem Moment da, in dem er es brauchte, ist er überzeugt. Hier erhielt er Essen und seine Schulbildung. Das Kinderhaus wurde zu seiner Familie. Bitter war dennoch – und ist es bis heute – die Erkenntnis, dass seine Ursprungsfamilie ihn nicht mehr wollte. Über die Jahre sind viele der anderen Kinder wie Schwestern und Brüder für ihn geworden. Die Beziehung zu einigen ist inniger als zu den biologischen Brüdern, zu denen er aber Kontakt pflegt.

Ausbildung mit Auszeichnung

Nach der Schule kam die Reintegration. Er sei immer in Sport interessiert gewesen, insbesondere in Fußball. Sein Kindertraum: Fußballer. Sein Interesse an Orthopädie und Sporttherapie wurde parallel zu seinen sportlichen Aktivitäten geweckt. Als junger Erwachsener entschied er dann, Physiotherapeut zu werden. Er begann sein Studium in Indien mit 20. War er zuvor im Kinderhaus behütet und beschützt, musste er sich von nun an in einem fremden Land, mit fremder Sprache zurechtfinden. Die erste Zeit sei schwierig gewesen. Aber mit den ersten Erfolgserlebnissen stieg auch sein Selbstbewusstsein. Schritt für Schritt hat er sich in den sieben Jahren Studium seinem Ziel genähert. Und wenn man den ersten Erfolg verbuchen könne, motiviere das, weiterzugehen. Sein Abschluss machte er mit Auszeichnung. Auf seiner Visitenkarte steht heute Dr. Rajan Suwal, Master in Physiotherapie für Orthopädie und Sport. Finanziert hat die Ausbildung die Nepalhilfe Beilngries. Über den Tellerrand schauen, konnte er unter anderem mit Hilfe eines befreundeten deutschen Ehepaars, das ihm ein dreimonatiges Praktikum in Deutschland ermöglichte. In Nepal selbst ist die Berufssparte der Physiotherapeuten noch sehr jung. Einer der ersten Kurse begann im Jahr 2011.

Noch mehr Visionen

Auch wenn er glücklich ist. Zufriedengeben will er sich nicht. So hat er die Vision, bald seinen Doktor zu machen. Zwei Jahre dauert das Studium dann noch einmal. Und eine weitere Vision ist es, ein Physiotherapiezentrum zu eröffnen. Auch dabei setzt er auf die Nepalhilfe Beilngries und deren Unterstützung. Durch sein Engagement will er etwas zurückgeben. Nicht nur, dass er dann Mitbürgern nach Unfällen oder Krankheiten hilft, wieder gesund und mobil zu werden. Auch für junge Menschen ergeben sich in solch einem Zentrum gute Ausbildungs- und Berufschancen. Es wird also eine langfristige Investition in die Zukunft einzelner, aber auch des Landes. Und das hat engagierte Leute wie Rajan Suwal bitter nötig.