Nepalhilfe Beilngries e.V.

32 Jahre Nepalhilfe Beilngries e.V.
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15.05.2015

Bericht: Ralf Dujmovits, Fotos: Ralf Dujmovits und Nepalhilfe Beilngries

Ralf Dujmovits
Ralf Dujmovits
Das Helferteam der NH Bei mit Sunil Shresta (2.v.L. und Sabina Parajuli (rechts)
Das Helferteam der NH Bei mit  Sunil Shresta (2.v.L. und Sabina Parajuli (rechts)
Völlig neu aufgebsaut werden muss dei Schule in Thulosirubari
Völlig neu aufgebsaut werden muss dei Schule in Thulosirubari

Fast drei Wochen sind seit dem ersten schweren Erdbeben in Nepal, dem in den zurückliegenden Tagen ein zweites folgen sollte vergangen. Katastrophal in vielerlei Hinsicht sind die Auswirkungen für die Menschen dieses bitterarmen Landes. Was dem ersten Beben noch standhielt wurde mancherorts vom nachfolgenden zerstört. Das gilt auch für einige der Projekte der Nepalhilfe Beilngries, deren Mitarbeiter zwischenzeitlich annähernd 60 Tonnen an Lebensmitteln und Medikamenten in die Region Sindhupalchok brachte, wo das Gros der Schulenb steht bzw. stand..Mehr als 8000 Tote und doppelt so viele Verletzte sind die bisherige Bilanz. Noch ist diese Bilanz so fragil wie die Vielzahl der in Mitleidenschaft gezogenen Gebäude.  

Der deutsche Extrembergsteiger Ralf Dujmovits, mit seiner Frau Gerlinde Kaltenbrunner seit vielen Jahren ein enger Freund und Förderer der Nepalhilfe Beilngries, übersandte vor wenigen Tagen einen Reisebericht der dem Leser durch seine Authentizität  nachhaltige Eindrücke in die Situation der Menschen aber auch dem Bemühen der Mitarbeiter und Freunde der Beilngrieser Hilfsorganisation vor Ort vermittelt: 

Liebe Freunde,

einer der erschütterndsten Tage die ich unterwegs erlebt habe, liegt hinter mir. Vor wenigen Tagen besuchten wir mit einem Ärzteteam der Nepalhilfe Beilngries die Region Sindhupalchok, 80 km nordöstlich von Kathmandu. Diese ist neben der Region Gorkha wahrscheinlich die vom Erbeben am stärksten in Mitleidenschaft gezogene Gegend Nepals. Die meisten der Schulprojekte der Nepalhilfe Beilngries sind dort zu finden - viele davon vom Erdbeben zerstört. Wie auch zwischen 85 und 95% der Häuser der Einheimischen.

Mit dem sechsköpfigen Ärzteteam des Siddhi Memorial Hospitals  starteten wir in Bhaktapur. Die sechs jungen Ärzte, begleitet von drei Krankenschwestern und weiteren Helfern, werden angeführt von Sabina Parajuli, einer ehemalige Schülerin der Schule in Sangachok, einem der frühen Schulprojekte der Nepalhilfe Beilngries. Diese hat dieser bodenständigen, intelligenten jungen Frau auch das Medizinstudium ermöglicht. In etwas mehr als zwei Stunden erreicht unser Fahrzeugkonvoi deren Heimatdorf Sangachok.

Auch das Haus ihrer Eltern, die sie liebevoll begrüßen, ist gänzlich zusammengebrochen. 200 Tote alleine in ihrem Dorf. In kürzester Zeit sind viele Patienten anwesend und werden kostenlos versorgt. Über dreihundert sind es an diesem Tag. Wir verteilen medizinische Mundschutze, Seife, Zahnbürsten und Zahnpasta. Vor ein paar Tagen hat die Nepalhilfe schon Reis und Mehl geliefert. Später führt mich Sabina zu „ihrer“' Schule. Ich darf ein Gespräch mit ihr filmen, in dem sie unter Tränen um Unterstützung bittet. Ihre Schule steht zwar noch, wird aber auf Grund der Schäden abgerissen werden müssen.  

Wir fahren weiter nach Irkhu, einem kleinen Dorf auf einer Anhöhe. Zwischen den Jahren 2000 und 2002 konnte dort die Nepalhilfe mit meiner finanziellen Unterstützung eine kleine Schule erbauen, die immer wieder erweitert wurde und jetzt wie durch ein Wunder stehen geblieben ist. Die örtliche Polizei hat dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Fast keines der umliegenden Häuser steht mehr. Ein furchtbarer Anblick. Knapp 80 Patienten versorgen die Ärzte und Krankenschwestern hier. 

Der Jeep bringt uns weiter nach Thulosirubari. 2009 durften dort Gerlinde und ich gemeinsam mit dem früheren Vorsitzenden der Nepalhilfe, Karl Rebele, die neue Schule eröffnen. 550 Kinder waren es am Anfang, 700 bis zum Tag als das Erbeben kam. Glücklicherweise war es ein Samstag und die Schule war geschlossen. Das untere Stockwerk ist zusammengebrochen und die weiteren zweieinhalb Stockwerke sind nach unten gesackt. Ich war so stolz auf „unsere“' Schule. Es wird nur noch ein Komplettabriss helfen, dann beginnt der Neuaufbau. 

Wir fahren weiter in den Hauptort des Sindhupalchok Distrikts, nach Chautara. Wir sehen unterwegs fast nur Ruinen. Die Schule der Österreichischen Nepalhilfe-Sektion Lichtenegg steht zwar noch, hat aber schwerste Schäden. Ein Bauingenieur wird in den nächsten Tagen entscheiden ob noch etwas zu retten ist. Ein vor allem für das medizinische Personal sehr anstrengender Tag geht zu Ende. Eigentlich wollten wir noch die im Aufbau befindliche neue LOWA-Schule besuchen, sind aber alle zu erledigt.  

Jeden zweiten Tag ist das nepalesische Team der Nepalhilfe und des Siddhi Memorial Hospitals auf solch einer Tour. Kaum zu ermessen, was sie in diesen Tagen wegstecken müssen. Schweres Räumgerät wäre dort notwendig wo die Menschen zurzeit schwer traumatisiert vor ihren eingestürzten Häusern sitzen und auf den Monsun warten. 

Wir haben verstanden, dass es auch unsere Aufgabe sein wird, die Spendenbereitschaft der Menschen hierzulande mit Bildern und Videos aufrecht zu erhalten.  Erst recht dann wenn das Land und dessen Menschen aus dem Fokus der Weltöffentlichkeit und der Medien verschwunden sind. Nepal wird auf Jahre unsere Unterstützung brauchen. Der bekanntermaßen freundlich, heitere Nepali gehört hoffentlich nicht der Vergangenheit an.

Ralf Dujmovits