Nepalhilfe Beilngries e.V.

32 Jahre Nepalhilfe Beilngries e.V.
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Passivsolarhaus Chharka

Januar 2023

Am Passivsolarhaus hat sich viel getan im zurückliegenden Jahr

Betrachtet man die Bilder vom Dezember 2021 und die vom Januar diesen Jahres, so kann auch der Außenstehende schnell erkennen, dass sich in den zurückliegenden Monaten viel bewegt hat im Bergdorf Chharka. Das bestätigt sich in der Bestandsaufnahme die Tsering Samdup Gurung Anfang Januar zusandte und in dem der Blick nicht nur zurück sondern auch auf die kommenden Monate reicht.

Rückblick

Nachdem die Pässe wieder begehbar waren brachten Träger im Mai 2022 die restlichen notwendigen Holzbalken aus den Dörfern Shri und Barrong nach Chharka. In Kathmandu kaufte man  die zusätzlichen Baumaterialien  wie Steinwolle, Polycarbonatplatten und Sperrholz um sie während der Sommermonate mit Lastwagen und später verladen auf Muli-Karawanen zum Zielort zu bringen. 

Vor Ort ging es daran die  Bedachung des gesamten Gebäudes mit Holzbindern, Metallplatten und PVC-Faserplatten für die Oberlichter anzubringen. 

Handwerkliche Knackpunkte waren dann der Aufbau der hölzernen Trägerkonstruktion des sich über die gesamte Gebäudelänge erstreckenden Vorraums, die mit den durchsichtigen Polycarbonatplatten verkleidet werden sollte. Ferner die ganzheitliche Isolierung der vier Räume. Zur Wärmedämmung wurden dafür die 10 cm dicken Matten aus Steinwolle verbaut.

Wie Tsering Samdup dazu mitteilte fand man mit Sangay Sherpa, einem Schreiner aus der Solu Khumbu Region  einen versierten Handwerker, der von Mai bis Ende September in Chharka arbeitete. Mithilfe von Sägen, Bohrern und Fräsen, die von einem Diesel-Generator betrieben wurden, fertigte Sangay die hölzerne Dachkonstruktion für das Dach und den  Korridor sowie die Decken des Gebäudes. Leider musste er Ende September in seine entfernt gelegene Heimat zurückkehren.

Um die verbliebene Zeit noch zu nutzen versuchte man andere Fachkräfte zu finden, was letztendlich fehlschlug. Sie alle waren nicht in der Lage die handwerklichen  Vorgaben zu erfüllen. Noch im November wollte man es mit lokalen Arbeitern versuchen, um die Isolierungsarbeiten vor dem nahenden Winter abzuschließen. Auch das schlug fehl, womit nur eines der Zimmer vollständig isoliert war.  Zumindest waren diese Arbeitskräfte in der Lage in allen Zimmern die Holzböden zu verlegen,. 

Ausblick

Sangay Sherpa will  zusammen mit den Lehrern im April wieder nach Chharka kommen um dann  die noch ausstehenden Aufgaben zu erledigen. Darauf will  man der Arbeitsqualität wegen warten. Obwohl noch unfertig hat das Gebäude die erste Kälteprobe von Oktober bis Ende Dezember schon überstanden.. Im Gegensatz zu anderen Häusern war das wärmeisolierte Passivhaus viel wärmer als erwartet, wie Samdup Tsering erfreut vermeldete. So haben die Kinder der Chharka Bhot Basic School einen warmen Raum zum Lernen, auch wenn die Außentemperatur im Winter in Dolpo weit unter null Grad liegt.

Noch Zukunftsmusik ist dann die Installation eines Heizsystems für die Schule. Dieses soll nach einhelliger Meinung  umweltfreundlich, unkompliziert und nachhaltig sein. Durchaus beabsichtigt ist dabei der Nachahmungseffekt bei der Bevölkerung. Erste Kontakte zur Realisierung sind bereits geknüpft. Die reichen in ihren Ursprüngen gar bis nach Landshut.

Dezember 2021 – Winterruhe – Beeindruckende Impressionen

Mitte Dezember schickte Tsering Samdup Gurung den Jahresbericht zur Neuerrichtung des Passivsolarhauses. Der Rohbau ist fertiggestellt. Nun kehrt zwangsläufig die Winterruhe ein. Seinen Schilderungen zufolge wird es von der Intensität der Schneefälle und damit der Dauer des Winters abhängen, wann mit dem Weiterbau und letztendlich der Vollendung des Gebäudes gerechnet werden kann. Mehrere Optionen hat sich Tsering bereitgelegt, was den Transport des noch fehlenden Baumaterials über die Gebirgspässe betrifft, denn man beabsichtigt im April die Arbeiten wieder aufzunehmen.

Dass „Mutter Natur“ in dieser abgeschiedenen Region  einen besonderen Stellenwert hat zeigen einige der Bilder, die Tsering mit den Jahresbericht schickte. Ebenso wie eng hier Dreschflegel und Computer zueinander stehen. Nach Fertigstellung des Gebäudes soll dieses in puncto Wärmeisolierung und Gewinnung von Solarenergie ausgestattet werden. In Kooperation mit „SAMOS e.V. Solarförderverein Regensburg“ wird hierzu eine Wissensaustausch stattfinden. Hier befasst man sich u. A. mit Solarthermie und Photovoltaik. Für Wolfgang Wegmann, Erster Vorsitzender und Nepalkenner eine motivierende Herausforderung.

Die Bilderfolge soll aber auch  Aufschluss über die Lebensbedingungen der Menschen oder etwa die Schulsituation geben. Zugleich zeigt sie Ausschnitte zum Entstehen des Gebäudes, in einer Region Nepals die vielen Besuchern des Landes verborgen bleibt.

Oktober 2021 – Gebäude nimmt trotz Widrigkeiten Gestalt an

Der heftige und anhaltende Monsun, säumige Geschäftspartner und letztendlich der Ausfall der Kommunikation haben zu einer Verzögerung beim Bau des Passivsolarhauses geführt. Was ursprünglich Ende Juni beendet sein sollte, wird nun frühestens Ende Oktober  sein. Aber der Reihe nach. Weggespülte und verschlammte Straßen und Wege, sowie ein zeitweise verschneiter Pass sorgten dafür, dass das dringend benötigte Bauholz nicht nach Chharka gelangte. Dies auch deshalb weil die vereinbarten Lieferfristen von den Lieferanten nicht eingehalten wurden. 

Schließlich machten sich junge Männer aus der Region selbst auf den Weg nach Sangtha/Mustang um die dort lagernden Hölzer mit Mulis oder Menschenkraft nach Chharka zu tragen. So konnte man zumindest Türstöcke und Fensterrahmen setzen und den Weiterbau bis zum Dach gewährleisten. Dieses Ziel hatte man Ende August erreicht, obwohl sich die täglichen Arbeitszeiten wegen der heftigen Regenfälle zudem verkürzt hatten.

Für die Dachkonstruktion benötigte Baumaterialien, wie etwa Balken Isoliermaterial, Metall und Kunststoffplatten lagern derzeit ebenso noch in Sangtha. Mit Herbstbeginn endeten die Regenfälle endlich und nun setzt man auf die Aufnahme der Lieferkette.

Die Witterungsunbilden  hatten auch dazu geführt, dass der Sendemast für das Handynetz im Juli während eines Gewitters vom Blitz getroffen wurde und ausfiel. Damit musste man zwangsläufig auf die althergebrachte Kommunikation von Mund zu Mund zurückgreifen.  Ein weiterer Faktor zur Verzögerung.

In die Handlangerarbeiten waren Jung und Alt eingebunden, wobei Koordinator Tsering Samdup Gurung bei der Zusendung der Bilder großen Wert darauf legte, dass die Mädchen und Jungen lediglich nach Schulschluss kurz Hand anlegten. Bei dem sportlichen Kräftemessen zeigte der elfjährige Ngawang Tobden was in ihm steckt. Nicht nur er hoffrt, dass bis zum Einbruch des Winters das neue Domizil bezugsfertig sein wird.

Eine Schule auf dem Dach der Welt – Verschlungene Wege zu einem neuen Projekt

Der eingeebnete Bauplatz mit den aufgeschichteten Steinquadern
Der eingeebnete Bauplatz mit den aufgeschichteten Steinquadern
Unterricht unter freiem Himmel
Unterricht unter freiem Himmel
Eine Yak Karawane am Tuche Pass
Eine Yak Karawane am Tuche Pass
In mühseliger Arbeit wurden das Baumaterial zusammengetragen
In mühseliger Arbeit wurden das Baumaterial zusammengetragen

Der Wunsch zur Finanzierung eines Passiv-Solarhauses, in einer der entlegensten Regionen Nepals wurde 2019 an die Nepalhilfe Beilngries herangetragen. In dem auf 4.300 Metern gelegenen Bergdorf Chharka im Dolpo-Distrikt soll es als Schule und Wohnheim dienen. Im doppelten Sinne verschlungen waren die Wege wie man auf dieses neue Ziel aufmerksam wurde aber auch wie man  dorthin gelangt.

Eine Mitarbeiterin bei den Vereinten Nationen (UN) in Wien war mit der Bitte an Vertreter der Nepalhilfe im burgenländischen Lichtenegg herangetreten, sich dem Anliegen zu dessen Finanzierung anzunehmen. Antragssteller war die seit dem Jahr 2014 bestehende Organisation  „Dolpo Tomorrow“, dessen Vorsitzender Tsering Samdup Gurung im März 2019 über die UN-Mitarbeiterin einen kompetenten Ansprechpartner suchte. Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit mit den österreichischen Freunden führte dann schnell nach Beilngries.  Ehe man sich zur Finanzierung des etwa 40.000 Euro teuren Projektes entschloss, galt es Nutzen und Realisierbarkeit zu hinterfragen. Die Mitarbeiter der Nepalhilfe in Kathmandu hatten dies übernommen und zum Jahresende  kam das „ok“ aus Nepal.

Nutzung der Sonnenenergie für neues Gebäude

Wahrlich auf dem „Dach der Welt“ liegt Chharka im Dolpo Distrikt, dem größten aber auch einem der am dünnsten besiedelten 77 Distrikte Nepals. Der gehört zudem zu den unterentwickeltsten des Landes. Erst seit 2018 führt eine Straße in diese Region, die an das ehemalige Königreich Mustang im Osten und an Tibet im Norden grenzt. Neben der Höhe ist es das aride Klima, das Landwirtschaft und Überleben erschwert. Reichlich vorhanden ist aber der Sonnenschein, den man sich für das neue Passiv-Solarhaus zunutze machen will.

Der rührige Verein um Tsering Samdup Gurung konnte bisher Unterstützer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz finden um Schulen zu errichten, deren Unterhalt zu sichern oder durch Windkraft und Solarpanels Energie zu erzeugen, womit auch Laptop und Social-Media Einzug hielten.

Unter den derzeitigen Gegebenheiten ist der Unterricht in den beengten Schulräumen der „Chharka Bhot Basic School“ auch auf Grund der klimatischen Verhältnisse nur von Mai bis Oktober möglich. Vorzugsweise findet der Unterricht dort im Freien statt. Ziel ist es deshalb einen nahezu ganzjährigen Unterricht  bis zur achten Klasse zu gewährleisten. Unter der Raumnot leiden vor allem die SchülerInnen ab der 5. Klasse. Gerade dem soll mit dem neuen Gebäude Abhilfe geschaffen werden. Manche der 230 Kinder erreichen erst nach einem sechsstündigen Anmarsch die Schule. Ihnen soll das neue Gebäude deshalb auch als Unterkunft dienen.

Schon seit dem Sommer 2020 ist der Bauplatz für das aus vier Räumen bestehende Gebäude vorbereitet. Die für das Fundament notwendigen Steine wurden in mühseliger Arbeit aus der Umgebung zusammengetragen und aufgestapelt. Für die Planungen konnte man auch auf das Knowhow des Grafinger Architekten Niko Rinkes zurückgreifen. Er hatte im Jahr 1999 das Shaligram Kinderhaus in Lubhu mit konzipiert. Sein Hauptaugenmerk gilt vorrangig der Wärmeisolierung, die man ja lediglich mit Naturmaterialien wie Lehm, Gras oder Stroh realisieren kann. Zudem sollen Dachisolierungen und doppelte Glasflächen das bewerkstelligen.  

Yak-Karawanen bringen Baumaterialien ans Ziel

Verschlungen sind in der Tat auch die Wege zu dem Bergdorf Chharka, was ihm sicher zu einem Alleinstellungsmerkmal in der Vielzahl der bestehenden Projekte der Beilngrieser Hilfsorganisation verhilft. Das Holz für das Gebäude sollte ursprünglich aus Tibet angekauft werden. Die wegen der Corona-Pandemie geschlossene Grenze zu China hat dies vereitelt. So werden die Hölzer in niedrigeren Regionen des Dolpo besorgt und von Trägern in einem dreitägigen Marsch nach Chharka geschafft.

Alle anderen Baustoffe wie etwa Ziegel, Zement, Glasscheiben  und Polyethylen Platten bringen Lastwagen aus Kathmandu über das Kali Gandaki Tal bis in den Mustang Distrikt. Von dort geht es mit Muli- oder Yak-Karawanen weiter zum Zielort.  Haupthindernis ist dabei der über 5.500 Meter hohe Tuche-Pass, den es auf der ebenfalls mehrtägigen Tour zu bewältigen gilt. Eigentlich sollten diese Arbeiten seit Mai 2021 erfolgen. Die grassierende Covid-Pandemie  verhinderte dies, womit sich die für den August geplante Fertigstellung verzögern wird.